
Wie immer am Ende des Jahres häufen sich die Termine. Familie, Weihnachtsfeiern und Pferde verlangen, dass ich die Dinge zusammenbringen möchte, die für uns alle wichtig sind. In diesem Jahr begann unsere Weihnachtszeit sehr stimmungsvoll: am Nikolaustag traute sich ein junges Paar, sich auf unserem Hof das „Ja-Wort“ zu geben. Die Braut aus China und der Bräutigam aus Südamerika schufen eine besondere Atmosphäre, die durch drei zu hörende Sprachen, Kerzen und Weihnachtsschmuck entstand.
Das gelebte Englisch, Spanisch und Deutsch spülte bei mir alte Erinnerungen hoch. Ich konnte mal ein bisschen Spanisch sprechen und habe mich, als meine Schimmelstute auf einer Poloanlage stand, viel mit den dort im Sommer arbeitenden Argentiniern unterhalten. Die werden im Frühjahr eingeflogen, damit sie die hier stehenden Polopferde für die Saison fit machen. Wenn die Turniere in Europa vorbei sind, fliegen die Grooms wieder zurück und sind dann wieder zuhause im Polosport aktiv. Den Rahmen gibt der Polosport vor- wie sich die einzelnen Spieler und Trainer organisieren ist oft sehr individuell. Wie überall bestimmt auch das zur Verfügung stehende Budget, wie die Beteiligten die Dingen zusammenbringen.
Die Frage „Warum spreche ich eigentlich kein spanisch mehr?“ flackerte auf
Als Kind habe ich mit meinem Eltern im Familienurlaub zum ersten Mal in Spanien auf dem Pferd gesessen. Nach der Zeit damals auf der Poloanlage bin ich mit meinem Pferd in den Süden von Berlin gezogen. Ich wohnte in einer Wohnung bei meiner Familie auf dem Grundstück und die im März 31 werdende Flori zog in eine Box in die Nähe des Flughafens Schönefeld. Eine Woche später zog dort Amazone, unsere im April 30 werdende Haflingerstute ein. Dort baute ich meinen gesundheitsorientierten Reitunterricht, die Reittherapieschiene und bisschen Kleinmädchenfeeling auf. Wenn wir da um die Felder ritten oder im örtlichen Reitverein ein großes Turnier stattfand, war es wie in den Reiterferien. Ich habe die Zeit geliebt.
Heute ist der Flughafen Berlin Brandenburg im großen Rahmen in Betrieb. Das meiste unseres Ausreitgeländes gehört heute zum Flughafen. Ich habe damals die dritte Stute im Bunde gekauft, meinen Mann kennengelernt, eine Familie gegründet und hier auf dem Hof ein Zuhause für uns alle geschaffen. Als sich abzeichnete, dass die Pferdedamen in Rente gehen, habe ich Reitclever gegründet. Die Kurse können online abgerufen werden oder ich fahre zu Kursen auf andere Anlagen. Als Referentin für die FN bin ich unterwegs, seitdem ich mein Funktionsgymnastikbuch für Reiter geschrieben habe. In den letzten Jahren war einfach kein Raum für Spanisch.
Doch es arbeitet in mir- wie kann ich meine eigenen Dinge zusammenbringen?
Unser seit 2010 auf dem Hof stattfindende Kunstgewerbemarkt wird 2027 volljährig. Auch mein Sohn wird es noch in diesem Jahrzehnt. Reitclever versetzt mich in die Lage, auch außerhalb unserer Hofmauern aktiv zu sein. Das genieße ich sehr. Unser alter Bauernhof ist mein Stützpunkt. Doch freue ich mich auch auf die Zeit, wo die Pferde mich nicht mehr so stark einbinden. Ich kann dann wieder reisen und werde sicherlich auch mein Spanisch reaktivieren.
Die Onlinefortbildung im Herbst hat mir gezeigt, dass ich manches noch einmal neu denken möchte. Reitclever wird mein Herzensprojekt bleiben, weil ich auch Pferde immer noch liebe. Die gerade erfolgende Ausbilderlizenzfortbildung des DOSB ermöglicht mir, in Zukunft auch nochmal andere Wege zu beschreiten. Wo es in letzter Konsequenz hingeht, wird sich zeigen. Aber ich spüre, dass überall und auch in mir gerade viel Bewegung ist.
Ich habe mein Buch „Neurozentriertes Training bei Morbus Parkinson“ überarbeitet und es am 23.12.2205 beim Verlag abgegeben. Zum Jahresende wird es noch einen Buchführungstag geben, aber der wird überschaubar.
Nun haben wir Zeit, sind als Familie zuhause und werden zum 1. Weihnachtsfeiertag einen Großteil der Familie bei uns haben. Ich werde Freude treffen, mit den Pferden spazieren gehen. Die Damen werden 31, 30 und 26 Jahre. Wir hoffen alle, dass sie uns noch sehr lange begleiten. Trotzdem regt sich in mir die Frage nach dem danach.
Jetzt heißt es Weihnachten genießen- was hast Du an diesen besonderen Tagen vor?
Zum Jahresende kann man so schön Revue passieren lassen: was war gut, was ist verbesserungswürdig und wo will ich eigentlich hin? Mir bringen diese Überlegungen eine ganze Menge.
Ich wünsche Dir Ruhe, bereichernde Begegnungen und eine Idee, wo es Dich und Dein Pferd im nächsten Jahr hinführen wird! Der Rahmen bestimmt die Richtung, aber die eigenen Dinge zusammenbringen kann man nur selbst.
Genieße die Zeit und bis zum nächsten Jahr,
Corinna von Reitclever
