
Wie Einige von Euch wissen bin ich dabei, mein Konzept für Reiter auch auf „normale“ Menschen auszuweiten. Unter dem Label „Denkclever- Neurotraining und Funktionsanalysen“ bin ich dabei, eine ähnliche Plattform zu schaffen wie Reitclever schon ist. Da Reiter anders ticken als Menschen mit Schmerzen oder Bewegungsproblemen, muss ich dabei anders vorgehen. Das Thema Gesundheit oder Krankheit, Flexibilität und die Bereitschaft, schnell zu schalten ist wahrscheinlich auch eine Frage des Blickwinkels. Reiter sind oft leidensfähig und auch motiviert, wenn es darum geht, sich FÜR das Pferd zu verändern.
Aus diesem Grund mache ich gerade eine zweimonatige Onlinefortbildung, die sich mit Konzeption, Positionierung und Marketing beschäftigt. Unsere erste Aufgabe bestand darin, einen kreativen Raum zu schaffen oder einen bestehenden Platz auf die neue Aufgabe vorzubereiten.
Unglaublich, was so ein Auftrag für Energie freisetzt
Meinen Schreibtisch und das angrenzende Fachbuchregal aufräumen, wollte ich schon länger. Aber was dann in Gang kam, könnte ich auch als Runderneuerung bezeichnen. Stundenlang räumte ich aus, sortierte und entschied, was „alt“ ist und was zu meiner Neuausrichtung passt. Vieles, was teilweise schon Jahre unangesehen in der Schublade lag, schmiss ich weg oder brachte es auf den Dachboden.
Das Ergebnis: ich habe tatsächlich einen anderen Fokus als vorher. Ich habe nebenbei auch den Kopf sortiert und mich gefragt, wo ich in Zukunft hinmöchte. Wenn Du gerade irgendwie unzufrieden bist und nicht so richtig weißt, wo es hingehen soll, kann ich Dir so eine Aktion nur empfehlen. Man muss sich aufraffen, aber zur Belohnung gibt es mehr Klarheit.
Dabei habe ich alte Unterlagen gefunden
Vieles, worüber wir heute reden, ist gar nicht neu. Bestimmte Diskussionen sind nur eine Frage des Blickwinkels. Schon in der immer wieder zitierten Heeresdienstvorschrift von 1912 geht es neben der Ausbildung des Pferdes vor allem um die des Reiters. Er musste damals viel mehr als heute fit sein, bevor er aufs Pferd durfte. Das heutige Voltigieren hat seinen Ursprung in der Ausbildung von Rekruten, die erst auf dem Pferd turnten, ehe sie reiten durften.
Das Thema Beweglichkeit es Reiters taucht auch in älteren Versionen der Richtlinien für Reiten und Fahren der deutschen Reiterlichen Vereinigung auf. So steht in einer Ausgabe „Grundausbildung des Reiters“ von 1997: „Nur aus dem ausbalancierten und losgelassenen Sitz heraus können richtige Hilfen gegeben werden. Nur richtig und bewusst eingesetzte Hilfen führen zum Erreichen des reiterlichen Gefühls und damit zu einer verlässlichen Einwirkung. Auch der fortgeschrittene Reiter darf nie aufhören, an den Sitzgrundlagen zu arbeiten.“

In das gleiche Horn stoßen meine Mitschriften von alten Fortbildungen. So zum Beispiel die von der Bildungskonferenz 2018 der FN in Neustadt/ Dosse. In der bunt aufgemachten Broschüre für den Jubiläumskongress Gesundheit für Reiter und Pferd 2008 fand ich einen Artikel, in dem Matthias Bojer von der Sporthochschule Köln fragt: „Wie wichtig ist eigentlich die Fitness des Reiters?
Er definiert Fitness als Ausdauerleistungsfähigkeit, Kraft, Schnelligkeit, Flexibilität und Koordinationsfähigkeit. Bei Reitern sollten in meinen Augen Koordination und Flexibilität, Schnelligkeit und Ausdauer vor den Fertigkeiten für die Muskelkraft stehen.
Eigentlich steht das Wort Fitness für den sportwissenschaftlichen Begriff der Kondition
Matthias Bojer sagt, dass nur ein trainierter Reiter ein gutes Reitgefühl erfahren wird. Weiterhin betont er die Notwendigkeit eines reitspezifischen Ausgleichstrainings. „Jeder Reiter benötigt je nach Disziplin eine bestimmte muskuläre Fitness und Ausdauerfähigkeit.“

Dafür zu sorgen ist eine unserer Hauptaufgaben als Ausbilder im Gesundheitssport mit Pferden. In der Anfang Oktober 2025 auf Rügen stattgefundenen Ergänzungsqualifikation Fitness und Gesundheit ging es genau darum(Um ein Video von dem Kurs zu sehen, klick auf den blauen Link). Wir hatten immer wieder schöne Diskussionen, die im Kern die Aussage „Gesundheit ist Balance in allen Ebenen“ und „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“ trafen. Kurz gesagt gibt es nur drei Ansatzpunkte, um Reiten für Pferd und Reiter gesund zu gestalten: wir trainieren das Pferd, brauchen einen für beide Partner passenden Sattel und wir müssen uns auf dem Pferd so bewegen, dass Reiter und Pferd gesund bleiben. Für Susanne von Dietze („Balance in der Bewegung“) sind beim Lernen Sitz und Einwirkung nur theoretisch voneinander getrennt. Wenn dem Reiter die notwendige Kontrolle über seinen Sitz fehlt, muss er das über Krafteinwirkung kompensieren. Besser gesagt: fehlt es dem Reiter an Stabilität und Koordination muss er das durch unökonomische Bewegungen kompensieren. Oder er reitet das Pferd mit viel Kraftanstrengung.
Zum Glück findet aktuell ein Umdenken statt. Ob wir nur am Pferd ansetzen oder zuerst den Reiter fit fürs Reiten machen ist nicht nur ein Frage des Blickwinkels, sondern auch der Fairness dem Pferd gegenüber.
Auf dem Pferd erkennt man Zusammenhänge gut
Als ich am 16.10.2025 zur PM Veranstaltung in Bremen auf dem Schimmelhof (Für einen Einblick für die Veranstaltung klick auf den Link und schaue ein kurzes Video) war, hatte ich in der Demo ganz verschiedene Pferd- Reiter Paare zu analysieren. Von einer jungen Dressurreiterin auf ihrem Pony mit knapp 1,40m, über eine erfahrene Reiterin mit ihrem Jungpferd bis hin zu zwei großen Voltigierpferden mit einem Stockmaß von mindestens 1,80 m und ihren Reitbeteiligungen. Zum Ausgleich des geforderten Linksgalopps auf dem Zirkel sorgen diese Reiter im Schimmelhof bei jedem Voltipferd für Abwechslung im Training.

Die eine Reiterin hatte Schwierigkeiten, ihren eigenen Schwerpunkt über den des sehr großen Pferdes zu sortieren. Es war herausfordernd für sie, ökonomisch zu treiben. Ihr Wunsch hieß, am unruhigen Bein anzusetzen und das Pferd so konstanter vorwärts treiben zu können. Als wir ihre Balance verbesserten, wurde der Oberkörper länger und ihre Oberschenkel konnten besser aus der Hüfte heraus hängen. So bekam sie ihr Pferd mit ruhigerem Unterschenkel deutlich besser vorwärts. Sie brauchte erheblich weniger Druck, sobald sie sich selbst besser ausbalancieren konnte.
„Der Reiter, der in der Bewegung des Pferde mitschwingt, verlagert sein Gewicht gemeinsam mit dem Pferd und bewegt sich harmonisch und rückenfreundlich.“ (Susanne Dietze)
Ganz anders gelagert war die Frage des Blickwinkels bei den beiden mitreitenden Männern
Sie verbesserten die Geschlechterquote sofort, die im Breitensportbereich häufig zu Gunsten der Frauen ausschlägt. Von den fünf Reitern an diesem Abend ritten zwei Männer (21 und 44). Ich muss zugeben, dass ich dachte, als ich die Aufstellung der Reiter- Pferdpaare las, dass ich zwei sportorientierte Männer mit Springbügeln vorfinden würde. Dieser vorschnelle Gedanke war eine völlige Fehleinschätzung meinerseits.
Diese beiden waren keine Kurze-Bügel-Reiter und ritten überdurchschnittlich feinfühlig. Sie saßen mit langem Bein in einem Dressursattel- ich war beeindruckt. Beide waren tendenziell überbeweglich und nicht verkürzt in der Muskulatur… also alles andere als typisch. Ihre Lösung lag im Verstärken der Gleichgewichtssteuerung und im Spannungsaufbau im Oberkörper. Danach konnten sie ruhiger sitzen und auch ihre Hände besser einstellen. Die Übungen dafür waren für die bestens mitdenkenden Zuschauer eine Erweiterung des gezeigten Spektrums. Die Auswahl ging somit weit über Möglichkeiten zur Lockerung und Tipps für die Verbesserung der Koordination hinaus, so dass alle Beteiligten viel mitnehmen konnten. Auf Grund der Vielfalt der Teilnehmer war der Abend auch für mich spannend.
Nun geht es für mich wieder in die Konzeptarbeit
Was kann ich aus meinem Reitcleverprojekt mitnehmen und was muss ich in Hinblick auf Denkclever neu denken? Interessante Impulse bekam ich auf der Frankfurter Buchmesse.
Das ist ein Spektakel auf dem schönen, dicht an der Innenstadt gelegenen Messegelände mit Liveschaltungen ins Fernsehen. Diese Messe hat eine komplett andere Dimension als eine Reitsportmesse beispielsweise in Leipzig und bietet einen hohen Unterhaltungswert.
Anfang November gebe ich noch einen „normalen“ Reitkurs in Velten und dann wird es ruhiger bis Weihnachten. Zeit, das Gelernte umzusetzen 😊
Hab bis dahin eine gute Zeit,
Corinna von ReitClever
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