Dass man fehlende Balance über seine Augen kompensiert ist wahrscheinlich vielen Menschen bekannt.
Denn diese melden als Sinnesorgan ihre eingehenden Informationen an das Gehirn. Aus diesen Meldungen und anderen aus dem Körper über Lage im Raum, jeweilige Muskelspannung und einwirkende Kräfte baut das Gleichgewichtszentrum dann eine Reaktion. Die dann via Nervenimpulse an die ausführenden Muskeln gesendet wird.
Denn das Halten des Gleichgewichtes ist vorrangig eine Bewegungsreaktion, die den Kopf oben halten soll. Weil das Gehirn das wichtigste Organ ist, besteht immer oberste Priorität, den Kopf zu schützen.
Auch sorgt diese Reaktion automatisch dafür, dass die Augen horizontal eingestellt werden. Damit man sich weiterhin orientieren kann. Augen und Gleichgewicht sind also eine Funktionseinheit.
Wenn sich das Gehirn nicht auf die Rückmeldungen aus dem Körper verlassen kann, verlässt es sich auf die Informationsaufnahme der Augen. Über die bildhaften Informationen werden dann die notwendigen Körperreaktionen gesteuert.
Und? Wie steht es um Dein eigenes Gleichgewicht?
Das kannst Du ganz leicht testen, indem Du Dich ungefähr hüftbreit auf beide Beine stellst. Die Füße stehen parallel und die Fußspitzen zeigen nach vorne. Dann hebst Du ein Bein etwas nach vorne in die Luft und schaust, ob Du eine Minute so stehen bleiben kannst.
Klappt das? Dann lächelst Du jetzt wahrscheinlich 🙂
Aber dann mach denselben Test, indem Du die Augen schließt, wenn Du auf einem Bein Dein Gleichgewicht gefunden hast. Natürlich auch jeweils mit dem anderen Bein.
Und? Stehst Du immer noch so sicher?
Wahrscheinlich nicht… Dann hast Du eine Aufgabe für die nächste Zeit.
Denn man kann sich auf einem bewegten Pferd nur dann gut ausbalancieren, wenn man sich sicher in seinem eigenen Körper fühlt.
Nur wenn Du mit Dir selbst im Gleichgewicht bist, kannst Du auch die Bewegungen des Pferdes gut ausbalancieren. Augen und Gleichgewicht spielen also bei Reitern auch eine zentrale Rolle.
Deshalb empfehle ich meinen Reitschülern oft, beim Zähne putzen auf einem Bein zu stehen. Da das zwei ganz unterschiedliche Bewegungen sind, tut man etwas für die Koordination. Aber trainiert man auch das Gleichgewicht. Vor allem wenn man das mit geschlossenen Augen tut.
Vorletzte Woche war ich bei einer spannenden Onlinefortbildung.
Marc Noelke stellte sein „Neuro-Rider“ Trainingsprogramm vor. Es basiert vor allem auf der menschlichen Neurologie und Neuroanatomie. Da beide Themen meine beruflichen Steckenpferde sind, war ich super gespannt.
Tatsächlich war es ein interessanter Abend. Für meine Begriffe war der theoretische Teil etwas lang. Auch für Reiter, die in der menschlichen Gehirnfunktion nicht so zuhause sind, etwas kompliziert gefasst.
Aber der praktische Teil, den Marc vorstellte, hatte es in sich. Es nutzte zwei Übungen für die Augen, die innerhalb kurzer Zeit sowohl die Beweglichkeit des Körpers als auch die Balance auf einem Bein zu stehen verbesserten. Faszinierend!
Als Erklärung gab er an, dass das Gehirn für ein gutes Gleichgewicht ein neuronales Navi benutzt.
Das sucht sich seine Informationen zu 65% aus visuellen, zu 20% aus vestibulären und zu 15% aus Daten, die aus dem Körper ans Gehirn gemeldet werden.
Das fand ich spannend.
Und es bestätigte meine Lehrmeinung, dass Augen und Gleichgewicht eng zusammen gehören. Beide Übungen mache ich jetzt regelmäßig.
Und ich werde sie ganz sicher in mein Programm „einfach balanciert reiten“ einbauen, was gerade entsteht. Dazu wird es im Frühjahr, wenn Corona sich wieder in ruhigeren Bahnen bewegt, auch einen Präsenzkurs „Mehr Balance für Reiter“ bei mir auf dem Hof geben.
Aber auf einem Bein stehen kannst Du schon so in verschiedenen Lebenslagen trainieren.
Je nach Situation wird es Dir leichter und schwerer fallen. Wie im wahren Leben und auf dem Pferd.
So trainierst Du Augen und Gleichgewicht ganz nebenbei.
Viel Spaß damit,
Corinna von ReitClever
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