Am Samstag war ich zu einer Fortbildung in der Landesreitschule Berlin. Die Initiative Gesundheitssport mit Pferden hatte dazu eingeladen und zum Thema „Kinderleicht – gesund mit Pferden“ Kinder und Jugendliche im Fokus.
Für mich war es wie ein Nachhausekommen. Denn während und nach meiner Ausbildung zum Übungsleiter Prävention Reiten als Gesundheitssport habe ich nette Kollegen kennengelernt, die jetzt noch dort aktiv sind. In so mancher Wochenendsession haben wir Lehrinhalte, Ausbildungsstruktur und Ausrichtung des Gesundheitssport mit Pferden erarbeitet. Obgleich wir über die Zeit immer irgendwie in Kontakt geblieben sind, war es für mich super schön, nach langer Zeit wieder mit ihnen zusammen am Tisch zu sitzen.
Das Thema der Fortbildung war spannend.
Zuerst ging es um grundsätzliche Fertigkeiten, die man als Reiter braucht, um eine gute Figur auf dem Pferd zu machen. Neben Kraft, Koordination und Balance spielt auch die Ausdauer eine entscheidende Bedeutung.
Denn wir wollen über einen längeren Zeitraum auf dem Pferd eine gute Figur machen und unsere Hilfen fein einsetzen.
Im praktischen Übungsteil waren Kinder und Jugendliche im Fokus.
Das ist auch gut, denn mit einer vielseitigen Ausbildung legt man den Grundstein für die weitere Entwicklung im Sport und weiteren Leben! Alles, was wir als Kind gut erlernt haben, bleibt in unserem Gehirn gespeichert.
Diese Inhalte müssen dann als Erwachsener nur entstaubt werden, wenn man sie wieder braucht. Deshalb kann man auch später immer wieder Fahrradfahren, wenn man das als Kind gut konnte. Auch erfahrene Reiter kommen nach einer Pause schnell wieder rein. Anders, als wenn man als Erwachsener erst anfängt, Reiten zu lernen: Der Weg zu einem sicheren und mühelosen Reitstil ist dann manchmal lang und steinig.
Martina Hermann von der Reitschule Viervitz gestaltete den Praxisteil souverän und mit vielen Beispielen aus Ihrem Alltag auf Rügen. So war der Tag eine gelungene Veranstaltung, bei dem sich jeder etwas für seine Arbeit zuhause mitnehmen konnte. Danke an alle Organisatoren und Redner!
An dieser Stelle möchte ich eine Lanze für die heutigen Jugendlichen brechen
Man hört so oft, dass die Kinder heutzutage ganz anders sind, als wir früher. Das ist bestimmt richtig, denn die Zeiten sind auch anders als früher. Hand aufs Herz: wenn wir damals Handys und Tablets gehabt hätten, hätten wir sicher auch über diese Kanäle mit den Freundinnen konferiert, anstatt sich stundenlang am Telefon auszutauschen.
Ehrlich gesagt glaube ich, dass wir es früher einfacher hatten, uns auf unsere Interessen zu konzentrieren. Gefühlt hatten wir doch nach der Schule unermesslich viel Zeit, um so oft wie möglich im Stall zu sein. Heute erschwert nicht nur das Schulsystem mit der Ganztagsbetreuung bis 16:00 das zeitlich unbegrenzte Zusammensein mit den Pferden.
Sicher sind Motorik und Gleichgewicht weniger ausgeprägt, wenn man die größte Zeit des Tages vor einem Endgerät sitzt. Das ist bei Erwachsenen nicht anders!
Kinder müssen auch in der Schule viel sitzen und vor allem geistig abliefern.
Im Pferdeführerscheinkurs September 2022 hatte ich hochmotivierte Teilnehmer, die für ihre Liebe zum Pferd einen hohen Einsatz zeigen.
Beispielsweise hat eine junge Teilnehmerin, die noch nicht volljährig ist, ihre Eltern nach langer Vorarbeit überzeugt, dass sie vom Hotel Mutter auf den Hof gezogen ist, auf dem sie seit Jahren reitet. Dazu musste sie die Schule wechseln und fährt jeden Tag mit dem Bus in die neue Schule und zurück. Aber die Zeit, die sie täglich spart, um nicht mit dem Auto von ihrem Wohnort in den weit entfernten Stall gefahren zu werden, kann sie jetzt in Lernen und Reiten investieren. Damit handelt sie auch gut für die Umwelt.
Noch viel weiter fahren zwei Schwestern, um am Wochenende in einem Verein reiten zu lernen, wo es den Pferden gut geht und sie auch als Persönlichkeiten wahrgenommen werden. Jeweils samstags fuhren sie früh aus dem Norden von Berlin los, um zuerst bei mir südlich von Zossen den Pferdeführerscheinkurs zu absolvieren. Danach fuhren sie 45 Minuten weiter Richtung Nordosten, um dort in der Sattelkammer zu übernachten und den Sonntag in Stall und Reitbahn zu verbringen.
Ob ich das damals gemacht hätte, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich bin fast täglich eine halbe Stunde mit Bus und U-Bahn sowohl in den Reitstall als auch zum Voltigieren gefahren.
Wenn ich so solche Geschichten höre, bin ich froh, auch Kinder und Jugendliche im Fokus zu haben. So ein Einsatz muss sich auszahlen und genau aus diesen Reitern wachsen echte Pferdemenschen heran.
Ansonsten hatten wir nicht nur schöne Kurstage, sondern auch eine erfolgreiche Prüfung.
Bis bald und schöne Herbsttage wünsche ich euch!
Corinna von Reitclever