Wie schwingt man in allen Gangarten locker und leicht in der Bewegung mit und stört dabei das Pferd so wenig wie möglich? Auf die gegenläufige Rumpfaktivität kommt es an.
Letztes Wochenende hatte ich im Reitunterricht eine sehr motivierte Gruppe von Reiterinnen verschiedenster Ausbildungsstufen auf unterschiedlich weit geförderten Pferden zu managen. Das liebe ich an meinem Wochenendkursen ganz besonders: die Teilnehmer kommen offen, wissbegierig und voller Fragen in den Kurs. Über anatomische Voraussetzungen und praktische Übungen verstehen sie dann, worauf es beim gesetzten Thema ankommt. Der eine bekommt sein Aha- Erlebnis schon bei den Übungen ohne Pferd. Nämlich dann, wenn er beispielsweise versteht, dass das Pferd schlecht abwenden kann, wenn Schultergürtel des Reiters nicht weit genug oder zu weit in die Wendung rein dreht. Der andere muss erst auf dem Pferd fühlen, bei welcher Ausführung die gewünschte Lektion gut klappt oder wann das Pferd ihn missversteht.
Gegenläufige Rumpfaktivität ist das dafür notwendige Zauberwort
D.h. um eine Wendung gut einleiten zu können, muss der Unterkörper das Becken in alle Richtungen so einstellen, dass die Gesäßknochen „im Pferd“ bleiben. Nur so erhalte ich die Vorwärtstendenz der Hinterhand. Die Bauchmuskeln muss man dafür einsetzen. Je nachdem wie weit der Schultergürtel über die Brustwirbelsäule (!) dreht, rutscht das Gewicht zu ca. 60% auf den inneren Gesäßknochen. Dann klappt die Gewichtsverlagerung und das Pferd kann bei gleich bleibender Vorwärtstendenz gut in die Wendung hineingehen.
Dreht man allerdings zu weit, rutscht das Gewicht wie von Zauberhand auf den äußeren Gesäßknochen: die Schenkellage stimmt dadurch nicht mehr. Außerdem rutschen die Hände über den Mähnenkamm et voilá: das Pferd driftet über die äußere Schulter weg. Das passiert auch, wenn man anstatt der Drehbewegung eine Seitneigebewegung vollführt und entweder in der Hüfte oder in den Rippen einknickt. Beides führt nicht zum gewünschten Wendeerfolg.
Ein guter Reiter muss also zum einen das Becken aufgerichtet und in alle Richtungen stabil halten können, dass die treibende Aktivität zum Zuge kommt. Den stabilen Ansatzpunkt brauchen die Muskeln, die das Reiterbein lang machen und den Oberkörper stabil halten. Zum anderen muss der Reiter sich aufrichten können, um die Richtung zu bestimmen, in das Pferd gehen soll.
Genau bei der stabilen Oberkörperaufrichtung geht es oft schief
Wenn ich treibend „ins Pferd“ wirke und den Oberkörper in eine Richtung drehe, nutze ich dafür vor allem die Bauchmuskeln.
Um den Schultergürtel oben und den Brustkorb gerade zu halten, brauche ich die Schulterblatt- und oberen Rückenmuskeln. Die arbeiten zum einen Hand in Hand mit der schrägen Bauchmuskulatur. Zum anderen wirken sie als Gegenspieler zu den Bauchmuskeln. Ich muss also unten im Oberköper eher in Richtung Beugung denken und arbeiten und oben eher in Richtung Aufrichtung oder Streckung.
Sichtbar wird das, wenn das im Leichttraben gut geht, häufig im Galopp
Denke ich zu sehr in Richtung Beugung sitze ich krumm.
Denke ich hingegen an gerade sitzen und treiben, rutscht der Brustkorb zu weit zurück. In der Folge beginnt der ganze Reiter in Rücklage im Takt des Pferdes zu schaukeln. Angenehm für das Pferd ist das nicht, denn der große Hebel, der dabei auf seinen Rücken entsteht, wirkt belastend.
Koordiniert Sitzen heißt, vor allem über den Unterkörper zu treiben und mit dem Oberkörper über den Schultergürtel die Schulter- und Halsstellung des Pferde zu bestimmen. „Drehsitz“ heißt der Begriff dazu, der vor allem in der Westernreitweise genutzt wird. Doch egal wie man es nennt oder welche Reitweise man verfolgt: Mensch und Pferd haben nur eine Anatomie. Auf ihr baut eine vernünftige Arbeit der Muskulatur auf.
Also lohnt es sich, bei sich selbst anzusetzen und gegenläufige Rumpfaktivität zu üben
Erste Ideen dafür bekommst Du in dem im FN Verlag erschienenen Buch „Besser reiten- Locker bleiben in Hüfte, Knie und Rücken. Das kannst Du unter dem Link, in jedem Buchhandel oder beim großen Versandhaus mit A bestellen. Darin geht es vor allem um das Zusammenspiel von Beinen und Unterkörper, um die treibende und verhaltende Rumpfaktivität zu erarbeiten. Aber auch enthält es effektive Übungen, die Beine in verschiedenen Varianten zu benutzen und trotzdem im Oberkörper gerade zu bleiben.
Ein darauf aufbauender Band, der sich mit dem Oberköper und dem Zusammenspiel zwischen Schultergürtelstellung und Handeinwirkung beschäftigt, ist in Planung. Bis dahin unterrichte ich in Theorie und Praxis zum Thema Weiche Hand und gerader Sitz, Hüfte, Knie und ein elastischer Sitz oder Besser Reiten mit Balance.
Solltest Du für dich oder für deinen Verein Interesse haben, schreib´ mich am besten unter Corinna<punkt>jungblut<ät>reitclever<punkt>de an. Es gibt für 2023 noch ein paar freie Termine für externe Kurse, an denen ich mit Skript, theoretischer Vorbereitung und einer Menge alltagstauglichen Übungen zu Dir in den Verein oder auf die Anlage kommen kann.
Jetzt erstmal schöne Sommertage,
gegenläufige Rumpfaktivität kann man auch hervorragend im flachen Wasser üben 🙂
Corinna von Reitclever
#Drehsitz
#funktionellesreiten
#besserreiten