Wie sich ein Perspektivwechsel auswirkt

Eine neue Pferd-Reiter Paarung stellt manchmal einen Perspeketivwechel dar

Am Dienstagabend wurden ich und wahrscheinlich auch ein paar Millionen anderer Zuschauer Zeuge, wie ein Perspektivwechsel aussehen könnte. Nachrichten meldeten, dass der Bundestrainer der deutschen Fußballer nach dem mittelmäßigen Gekicke der Fußballnationalmannschaft am Samstag zuvor gekündigt wurde. Die Meldung, dass Rudi Völler für ein paar Tage diesen Posten übernimmt, machte mich neugierig.

Also schaute ich am Dienstagabend Fußball

Etwas, was ich sonst eigentlich nur zu Europa- oder Weltmeisterschaften tue. Doch war ich beeindruckt. Von der ersten Minute an empfand ich das Spiel der zuvor Kritisierten ideenreich, selbstbewusst und tonangebend. Nach 3 Minuten das 1:0…

Also konnte ich nach einer Viertelstunde Fußballschauen meine Pferde füttern und Buchführung weiter machen. Mein Eindruck, dass ein Trainerwechsel durchaus mit einem Perspektivwechsel gleichzusetzen ist, reichte mir. Witzigerweise schaute ich erst die letzte Viertelstunde wieder und wurde Zeuge des 2:0 und des 2:1. Ein Teil von mir sagte, super, dann kann der Rudi dass jetzt bis zur Euro weitermachen. obwohl er das im Vorfeld schon ausgeschlossen hatte.

Spannenderweise fragte sich ein anderer Teil von mir, was da wohl abgegangen sein muss. Wie schafft man es, einer verunsicherten Ansammlung von Einzelakteuren wieder Verantwortung einzuhauchen? Vielmehr noch sie zu einer spitzigen, überzeugenden Mannschaft zu formen? Und das in 2 Tagen? Das Geheimnis dahinter könnte sein, dass der Mann, der das geschafft hat, früher selbst ein hoch erfolgreicher Fußballer war. Dem glaubt man, wenn er etwas sagt. Und wahrscheinlich verfügt er über eine große Trickkiste, aus der er schöpfen kann. Fußballspielen können die alle, sonst wären sie nicht im A- Team. Er muss an der Einstellung geschraubt haben, davon bin ich überzeugt. Der Kapitän der Mannschaft sprach im Vorfeld von einem Gefühl des Verrats am alten Trainer. Trotzdem oder gerade deshalb agierten die Spieler überzeugend miteinander gegen den Gegner.

So sollte das auch beim Reiten sein

Zumindest Pferd und Reiter sollten ein Team sein, was mit anderen Stallkameraden idealerweise am selben Strang zieht. Wenn man dagegen lieber alleine agiert, kann man schon mal das Gefühl haben, mit dem Partner Pferd alleine gegen den Rest der Welt zu sein.

Auch kann eine Pause hilfreich sein, wenn es auf dem Pferd nicht so gut klappt. Letztes Wochenende wurde ich berührende Zeugin eines strahlenden Aha-Erlebnisses einer Reiterin. Sie kommt aus beruflichen Gründen und als Besitzerin eines alten Pferdes selten zum reiten. Anfang des Jahres habe ich sie öfter frustriert auf einem ehemaligen Schulpferd gesehen, das seine Energie gut einteilen kann. Sie ist von der Tendenz her eine feine Reiterin, die leicht einwirkt. Das erfahrene Schulpony hat sie öfter an die Grenzen ihrer Geduld gebracht, so dass sie manchmal glaubte, es einfach nicht zu können.

Nun saß sie nach einer mehrmonatigen Pause auf einem anderen Pferd, was auch lange als dickköpfig galt. Ich denke, wenn ich die Stute jetzt erlebe, eher aus Schutz vor einer starken (Fein-) Fühligkeit. Auch sie hatte eine lange Pause, da im Frühjahr ein wahrscheinlich zurückliegender Reheschub diagnostiziert wurde. Sie wurde behandelt, trägt Duplos unter den Vorderhufen, eine kurze Zehe und läuft vielleicht das erste Mal seit langer Zeit schmerzfrei. Auf jeden Fall kann man sie sich nun stellen und biegen und sie lässt manchmal sogar den Kopf fallen, um den Rücken zu entspannen.

Diese beiden verstanden sich jedenfalls auf Anhieb

„Das ist erstaunlich“, hörte ich die Reiterin öfter murmeln, wenn sich die Stute auf Ihre Schultergürteldrehung hin nach rechts oder links reiten ließ. Auch antraben und wieder durchparieren ging ganz fein über die Veränderung der Beckenstellung. Das war schön zu sehen.

Und es führte zu einem Perspektivwechsel der Reiterin, die fühlte, dass sie es doch kann. Wahrscheinlich gab es den auch beim Pferd. Denn seit einiger Zeit merkt es, dass man den zarten Bitten des Reiters nachgeben kann, anstatt solange dagegen zu gehen, bis die Gerte klatscht.

Ich scheue mich jetzt davor, zu sagen, dass ich eine Trainerin wie Rudi Völler bin. Doch nehme ich im Unterricht auch Zwischentöne wahr. Daraus kann ich gezielte Anweisungen geben, damit es besser funktioniert. Bei diesen beiden und allen anderen Pferden dieser Gruppe freue ich mich jedenfalls seit längerem, dass die Verständigung immer feiner wird. Die Reiter haben durch den Unterricht verstanden, worum es geht, und lassen sich in ihrer Art zu reiten auf den Perspektivwechsel ein. Das freut mich sehr, auch und gerade im Sinne der Pferde.

Wenn es also nicht so läuft, schau´, dass Du den Standpunkt wechselst

Schau´ mal von außen auf eure Situation, als wäre dein Pferd das Pferd eines Anderen. Hinterfrage dein Handeln, ob du auch auf einem fremden Tier so agieren würdest. Manchmal reagiert man nämlich übersteigert oder zu schnell genervt, weil man glaubt zu wissen, was gleich passieren wird. Wie man am Beispiel der deutschen Fußballer sieht, braucht es manchmal eine neue Herangehensweise, eine andere Taktik oder variierende Worte, damit man wieder versteht, worum es geht. Ein Perspektivwechsel kann beispielweise auch durch neu erworbenes Wissen ausgelöst werden.

Viel Spaß dabei wünscht

Corinna von Reitclever

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