Kategorie: Wissenswertes

Das Fehlen von Erkenntnis oder der Dunning Kruger Effekt bei Reitern

Der Dunning Kruger Effekt bei Reitern
Sicheres Führen will gelernt sein

Vor längerer Zeit überraschte mich eine Reitschülerin im Unterricht, was mich damals über den Begriff Dunning-Kruger-Effekt stolpern ließ. Sie hatte einen Traber von der Rennbahn gekauft, wurde schwanger und als sie das Kind dann hatte, ritt sie mit dem gutmütigen Tier regelmäßig aus. In der Nähe des Stalls befindet sich eine Autobahn und eine ICE – Trasse.

Sie wollte sich und ihrem Pferd mit meinem Unterricht etwas Gutes tun. Ganz erstaunlich fand ich, dass sie weder wusste, was es mit den treibenden noch den verhaltenden Hilfen auf sich hat. Besser gesagt musste ich ihr erklären, wie man als Reiter den Gang einlegt und die Bremse zieht. Das Pferd kannte diese Hilfengebung übrigens auch nicht. Von der Bedeutung der Trageaktivität waren wir noch weit entfernt.

Als ich sie verblüfft fragte, wie sie mit dem Pferd ausreitet und wieder nach Hause kommt, antwortete sie „mit der Stimme“. Augenscheinlich verstanden die beiden sich gut und bis dato war nichts passiert. Mein Unterricht wurde ihr dann zu unbequem und wahrscheinlich auch zu teuer. Sie hatte gedacht, mit 2-3 Reitstunden ist der guten Sache Genüge getan.

Mir fällt bei so etwas nur der Begriff Dunning-Kruger-Effekt ein

Wenn man nicht weiß, was im Umgang mit einem Pferd alles passieren kann, macht man sich auch keine Gedanken darüber. Beispielsweise sollte das Pferd Richtung Autobahn rennen und sich nicht aufhalten lassen, kann das wirklich schwere Unfälle provozieren. Bei denen kann nicht nur das Pferd sein Leben lassen. Sicherlich gewinnt  auch bei gut ausgebildeten Pferd- Reiter- Paaren mal der Fluchtreflex. Doch kann der im Falle eines Unfalls mit Pferden wirklich gefährlich werden und zwar für alle Beteiligten.

Tritt so etwas im normalen Alltag auf, kann man das mit einem bedauernden Achselzucken abtun. Aber im Umgang mit 500- 600 Kilo Lebendgewicht sind wir in der Verantwortung.

Sucht man nach dem Begriff findet man unter Wikipedia.de den Eintrag

Der „Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet die kognitive Verzerrung im Selbstverständnis inkompetenter Menschen, das eigene Wissen und Können zu überschätzen. Diese Neigung beruht auf der Unfähigkeit, sich selbst mittels Metakognition objektiv zu beurteilen. Der Begriff geht auf eine Publikation von David Dunning und Justin Kruger im Jahr 1999 zurück. Die beiden Sozialpsychologen hatten in vorausgegangenen Studien bemerkt, dass etwa beim Erfassen von Texten, beim Schachspielen oder Autofahren Unwissenheit oft zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen. An der Cornell University erforschten sie diesen Effekt in weiteren Experimenten und kamen 1999 zum Resultat, dass weniger kompetente Personen dazu neigen,

  • ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen,
  • überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht zu erkennen,
  • das Ausmaß ihrer Inkompetenz nicht richtig einzuschätzen.

Darüber hinaus stellten sie auch fest, dass diese Personen sich selbst und andere besser einschätzen, wenn sie ihre Kompetenzen durch Ausbildung oder Übung verbessern. Dunning und Kruger zeigten, dass schwache Leistungen bei solchen Menschen häufig mit größerer Selbstüberschätzung einhergehen als stärkere Leistungen. […]“

„Wenn man inkompetent ist, kann man nicht wissen, dass man inkompetent ist […]. Die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um eine richtige Antwort zu geben, sind genau die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um zu erkennen, was eine richtige Antwort ist.“

Wie begegnet man dem Phänomen am wirksamsten?

Die einschlägigen Foren sind voll von Anleitungen, Tipps und auch Klagen aller Art. „Alte“ Pferdetrainer thematisieren das Fehlen von Regeln und alt bewährten Standards im Treiben der neuen „Gurus“. Reitschulen beklagen die Wahrnehmung, dass immer weniger Kinder, reiten lernen- Weiterhin nehmen die außerhalb der Reitsunde wenig vom Drumherum mit, weil sie nur zur Stunde abgesetzt und danach wieder eingesammelt werden. „Neue“ Reiter finden, dass es die „Alten“ mit ihren Regeln und Ausbildungsmethoden übertreiben und nehmen Vieles, was wir Reiter „der alten Schule“ für wichtig erachten, um Einiges leichter.

Denn oft wissen sie nicht, was sie tun und können auch unter die Schublade „Dunning Kruger Effekt“ fallen.

Hinschauen und Aufklären, auch wenn es unbequem ist

Oft wird man dann als unverbesserliche Nervensäge abgetan. Ich erinnere mich als Jugendliche an eine oft laut werdende Frau, bei der alle Jugendlichen stramm standen, wenn sie den Stall betrat. Wehe sie erwischte einen bei einer Tätigkeit, die sie als nicht angemessen empfand.

Gibt es solche Persönlichkeiten noch? Besser gefragt, hört so einer auch jemand zu?

Ich finde, wir „Guten“ sind in der Verantwortung uns immer wieder FÜR das Pferd einzusetzen. Auch wenn es anstrengend ist. Denn nicht nur unsere Gesellschaft hat immer mehr Kommunikationsprobleme. Angesichts von Organisationen wie PETA schwindet auch die Akzeptanz des „Pferde Nutzen Dürfens“.

Das unterstützen Bilder von in Rollkur gerittenen Pferden genauso wie solche, auf denen sie vom Lastwagen angefahren wurden. Auch wenn wir sicherlich nicht alle einer Meinung sind: wenn wir unsere schönstes Hobby der Welt (langfristig) erhalten wollen, müssen wir aktiv werden. Dazu gehört, auch aufzustehen und seine Stimme zu erheben.

Aus diesem Grunde hat vor kurzem zum ersten Mal in meiner langjährigen Tätigkeit eine Teilnehmerin die Bühne meines Pferdeführerscheinkurses verlassen. Die Fähigkeiten, um zu erkennen, was richtig ist, waren kaum ausgeprägt.

In diesem Sinne, macht euch stark für die Pferde und greift ein, wenn Ihr etwas seht, was in euren Augen gegen Vernunft und Tierwohl verstößt,

Corinna von Reitclever

#tierwohl

#verantwortungderReiter

#dunningkurgereffekt

Wie sich ein Perspektivwechsel auswirkt

Eine neue Pferd-Reiter Paarung stellt manchmal einen Perspeketivwechel dar

Am Dienstagabend wurden ich und wahrscheinlich auch ein paar Millionen anderer Zuschauer Zeuge, wie ein Perspektivwechsel aussehen könnte. Nachrichten meldeten, dass der Bundestrainer der deutschen Fußballer nach dem mittelmäßigen Gekicke der Fußballnationalmannschaft am Samstag zuvor gekündigt wurde. Die Meldung, dass Rudi Völler für ein paar Tage diesen Posten übernimmt, machte mich neugierig.

Also schaute ich am Dienstagabend Fußball

Etwas, was ich sonst eigentlich nur zu Europa- oder Weltmeisterschaften tue. Doch war ich beeindruckt. Von der ersten Minute an empfand ich das Spiel der zuvor Kritisierten ideenreich, selbstbewusst und tonangebend. Nach 3 Minuten das 1:0…

Also konnte ich nach einer Viertelstunde Fußballschauen meine Pferde füttern und Buchführung weiter machen. Mein Eindruck, dass ein Trainerwechsel durchaus mit einem Perspektivwechsel gleichzusetzen ist, reichte mir. Witzigerweise schaute ich erst die letzte Viertelstunde wieder und wurde Zeuge des 2:0 und des 2:1. Ein Teil von mir sagte, super, dann kann der Rudi dass jetzt bis zur Euro weitermachen. obwohl er das im Vorfeld schon ausgeschlossen hatte.

Spannenderweise fragte sich ein anderer Teil von mir, was da wohl abgegangen sein muss. Wie schafft man es, einer verunsicherten Ansammlung von Einzelakteuren wieder Verantwortung einzuhauchen? Vielmehr noch sie zu einer spitzigen, überzeugenden Mannschaft zu formen? Und das in 2 Tagen? Das Geheimnis dahinter könnte sein, dass der Mann, der das geschafft hat, früher selbst ein hoch erfolgreicher Fußballer war. Dem glaubt man, wenn er etwas sagt. Und wahrscheinlich verfügt er über eine große Trickkiste, aus der er schöpfen kann. Fußballspielen können die alle, sonst wären sie nicht im A- Team. Er muss an der Einstellung geschraubt haben, davon bin ich überzeugt. Der Kapitän der Mannschaft sprach im Vorfeld von einem Gefühl des Verrats am alten Trainer. Trotzdem oder gerade deshalb agierten die Spieler überzeugend miteinander gegen den Gegner.

So sollte das auch beim Reiten sein

Zumindest Pferd und Reiter sollten ein Team sein, was mit anderen Stallkameraden idealerweise am selben Strang zieht. Wenn man dagegen lieber alleine agiert, kann man schon mal das Gefühl haben, mit dem Partner Pferd alleine gegen den Rest der Welt zu sein.

Auch kann eine Pause hilfreich sein, wenn es auf dem Pferd nicht so gut klappt. Letztes Wochenende wurde ich berührende Zeugin eines strahlenden Aha-Erlebnisses einer Reiterin. Sie kommt aus beruflichen Gründen und als Besitzerin eines alten Pferdes selten zum reiten. Anfang des Jahres habe ich sie öfter frustriert auf einem ehemaligen Schulpferd gesehen, das seine Energie gut einteilen kann. Sie ist von der Tendenz her eine feine Reiterin, die leicht einwirkt. Das erfahrene Schulpony hat sie öfter an die Grenzen ihrer Geduld gebracht, so dass sie manchmal glaubte, es einfach nicht zu können.

Nun saß sie nach einer mehrmonatigen Pause auf einem anderen Pferd, was auch lange als dickköpfig galt. Ich denke, wenn ich die Stute jetzt erlebe, eher aus Schutz vor einer starken (Fein-) Fühligkeit. Auch sie hatte eine lange Pause, da im Frühjahr ein wahrscheinlich zurückliegender Reheschub diagnostiziert wurde. Sie wurde behandelt, trägt Duplos unter den Vorderhufen, eine kurze Zehe und läuft vielleicht das erste Mal seit langer Zeit schmerzfrei. Auf jeden Fall kann man sie sich nun stellen und biegen und sie lässt manchmal sogar den Kopf fallen, um den Rücken zu entspannen.

Diese beiden verstanden sich jedenfalls auf Anhieb

„Das ist erstaunlich“, hörte ich die Reiterin öfter murmeln, wenn sich die Stute auf Ihre Schultergürteldrehung hin nach rechts oder links reiten ließ. Auch antraben und wieder durchparieren ging ganz fein über die Veränderung der Beckenstellung. Das war schön zu sehen.

Und es führte zu einem Perspektivwechsel der Reiterin, die fühlte, dass sie es doch kann. Wahrscheinlich gab es den auch beim Pferd. Denn seit einiger Zeit merkt es, dass man den zarten Bitten des Reiters nachgeben kann, anstatt solange dagegen zu gehen, bis die Gerte klatscht.

Ich scheue mich jetzt davor, zu sagen, dass ich eine Trainerin wie Rudi Völler bin. Doch nehme ich im Unterricht auch Zwischentöne wahr. Daraus kann ich gezielte Anweisungen geben, damit es besser funktioniert. Bei diesen beiden und allen anderen Pferden dieser Gruppe freue ich mich jedenfalls seit längerem, dass die Verständigung immer feiner wird. Die Reiter haben durch den Unterricht verstanden, worum es geht, und lassen sich in ihrer Art zu reiten auf den Perspektivwechsel ein. Das freut mich sehr, auch und gerade im Sinne der Pferde.

Wenn es also nicht so läuft, schau´, dass Du den Standpunkt wechselst

Schau´ mal von außen auf eure Situation, als wäre dein Pferd das Pferd eines Anderen. Hinterfrage dein Handeln, ob du auch auf einem fremden Tier so agieren würdest. Manchmal reagiert man nämlich übersteigert oder zu schnell genervt, weil man glaubt zu wissen, was gleich passieren wird. Wie man am Beispiel der deutschen Fußballer sieht, braucht es manchmal eine neue Herangehensweise, eine andere Taktik oder variierende Worte, damit man wieder versteht, worum es geht. Ein Perspektivwechsel kann beispielweise auch durch neu erworbenes Wissen ausgelöst werden.

Viel Spaß dabei wünscht

Corinna von Reitclever

Das bittere Ende

Das bittere Ende eines Tieres liegt in der Hand des Besitzers

Ich als Kind mit einem spanischen Reitschulpferd

Ich habe letzte Woche bei Facebook etwas gelesen, was mich immer noch beschäftigt. Der Text hat mich zu Tränen gerührt und tut es auch heute noch. Es ging um das bittere Ende eines Sportpferdes vor vielen Jahren. „Olaf“ wurde bei einem Händler in Zahlung gegeben und hat augenscheinlich alles, was danach kam, nicht verkraftet.

Reiter, Besitzer und begleitende Person, die den Beitrag in einer Gruppe veröffentlicht hat, haben ihn Monate später beim selben Händler wieder gesehen. Er sei wohl mehrmals weggegangen und wieder gekommen und „kam damit nicht klar“, wie es heißt. Als sie ihn sahen, stand er alleine außerhalb des Offenstalls- die anderen Pferde drinnen. Er hatte sich selbst aufgegeben und war abgemagert. Reiter, Besitzer und Postschreiberin „durften“ ihn noch einmal sehen, bevor er dann Tage später mit anderen Pferden auf einen Schlachtpferdetransport nach Italien ging. Zugegeben: sie waren alle drei geschockt- die Rückfahrt im Auto verlief schweigend.

Kein Happy End, sondern das bittere Ende am Schluss

Wie furchtbar, für das arme Pferd. Mir kommen immer noch die Tränen, wenn ich dies schreibe. Das bittere Ende eines Pferdes, das wahrscheinlich für seinen Reiter viel gegeben hat. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was er alles erlebt haben muss, das ihn innerhalb von Monaten in so eine Verfassung gebracht hat.

Hat er seinen Reiter und den Besitzer erkannt? Können Pferde Hoffnung empfinden, wenn jemand aus seinem alten Leben auftaucht? War er körperlich und psychisch am Ende, weil er Schmerzen hatte? Wurde er abgegeben, weil er nicht mehr die entsprechende Leistung brachte? Anstatt ihn gleich zum Schlachter zu fahren oder einem jungen Reiter als Lehrpferd zu geben, landete er bei einem Händler.

Schon das Wort Pferdehändler löst bei mir nicht die besten Assoziationen aus. Dass es diesem Menschen vor allem ums Geld ging, schließe ich daraus, dass er das Pferd nicht an Ort und Stelle erlöste, sondern es auf einen Schlachtpferdetransport ins Ausland schickte. Das Schlimmste, was einem Tier in so einer Situation passieren kann. Ich kannte das Pferd nicht, aber Gesicht und Augen des Pferdes, die dem Beitrag als Foto beigefügt waren, sind ehrlich, aufgeschlossen und lieb.

Verraten und verkauft

Wie vielen Tieren geht das so? Sicherlich sehr vielen. Für mich ist „Olaf“ nun das Gesicht aller Sport- Schul- und Rennpferde, die dieses Schicksal ereilt.

Was ist der Mensch doch für ein Schwein. Züchtet und kauft Pferde, die ihm Spaß, Geld oder Leistung bringen sollen und wenn die das nicht (mehr) tun, weg damit. Was dann passiert ist nicht mehr das Problem des Reiters und Züchters. Für mich steht „Olaf“ für fast alle Pferde, die ich in meiner Kinder- und Jugendzeit kannte: Strolchi, Fantomas, Sabrina, Leo, Sommerliebe, Gipsy und wie sie alle hießen. Sie gaben als Schulpferd ihr Bestes und aus meiner heutigen Sichtweise denke ich, dass die Störrischen und die Faulen wahrscheinlich durch waren. Häufig wenig bemuskelt, Rückenschmerzen oder kompensierte Lahmheit und dann täglich wechselnde Reiter… Wenn es dann nicht mehr ging oder die Pferde herausfanden, wie man den Reiter am besten loswird, landeten sie sicherlich größtenteils in der Wurst. Ich erinnere mich an Abende mit gedrückter Stimmung in der Schulpferdestallgasse und weinenden Pflegemädchen, weil der folgende Tag der Tag X war. Später stand ein neues, meist frisches und gut bemuskeltes Pferd im Ständer.

Manchmal wurden sie auch von jemandem frei gekauft und konnten einen schönen Lebensabend verbringen. Auch gab es Reitgemeinschaften, die alle ihre Tiere am Ende in Rente auf die Wiese schickten. In den letzten Tagen wurde mit klar, dass ich von den allermeisten „unserer“ Pferde damals nicht weiß, was aus ihnen geworden ist.

“ Nicht mein Problem“

Ich kenne und schätze den Satz, der in vielen Situationen sofortige innerliche Entspannung bringt. Aber in diesem Fall ist das anders. Für mich ist das bittere Ende eines Partners, eines Pferdes ganz genau das Problem des Reiters und Besitzers, was dann zum unabwendbaren Schicksal des Tieres wird. Wie kann man ein Pferd in diesem Zustand sehen, ihn jahrelang geritten haben und dann so stehen lassen? Wohl wissend, wie sein Ende sein wird. Dass man mit dem Bild im Kopf einfach so wegfahren kann und nicht einschreitet!

Ich weiß, dass die Zeiten damals anders waren. Ganz genau weiß ich auch aus eigener Tasche, wie viel ein Pferd am Ende kostet. Meine Eigenen sind 27 und 28, haben Cushing, Arthrose und im heißen Sommer auch Atemwegsprobleme. Mein Herzenspferd bekam gerade eine Zeitlang Cortison und Ventipulmin.

Trotzdem bekommen sie das, was sie brauchen. Medikamente, Hufschmied, Tierarzt und Heucobs, Spezialfutter. Wenn ich mir manchmal meinen Kontostand anschaue, empfinde ich mich selbst als ein bisschen verrückt. Wie viel mehr wert ist dann dieser Einsatz von jemanden, der ein ausgemustertes Sportpferd am Ende übernimmt. Dann hatte er nicht die guten, leistungsfähigen Jahre, in denen es voll reitbar war als „Gegenleistung“.

Gerade jetzt, in Zeiten von ständig steigenden Futterkosten und hohen Tierarztkosten, ist das schwer

Da kann ich es nachvollziehen, dass man ein Pferd im Krankheitsfall eher erlöst, als ohne Aussicht auf Besserung weiter pflegt. Aber es wegzugeben und es irgendwann als Wanderpokal wieder zu finden, der am Ende auf einem Schlachtpferdetransport landet, ist mehr als das bittere Ende für einen ehemaligen Partner. Das hat er nicht verdient.

Sicher gibt es Pferde und Reiter, die nicht zueinander passen oder Konstellationen, die ungünstig sind. Lebensumstände, die sich so verändern, dass man dem Tier einfach nicht mehr gerecht wird. Ich verurteile niemanden, der ein Pferd nicht (mehr) bezahlen kann. Die Zahl derjenigen, die das betrifft, wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Aber man sollte sich rechtzeitig Gedanken machen, wie das Ganze enden wird. Nicht umsonst hat die Pferdeklappe in Schleswig Holstein in diesem Jahr so viele Aufnahmen wie noch nie.

Und ja, man kann sie nicht alle retten

Das weiß ich und diesen Satz höre ich in diesem Zusammenhang oft. Erstaunlicherweise sind die einschlägigen Gruppen bei Facebook voll von Rettungsaufrufen und Schlachtpferdefreiverkaufsgesuchen…

Wenn ich mir ein Pferd anschaffe, MUSS ist wissen, dass es eine höhere Lebenserwartung hat als ein Meerschwein. Und dass ich dafür verantwortlich bin, auch oder gerade für sein Lebensende. Welchen Fürsprecher hat denn ein Tier, wenn nicht den seines Besitzers?

Die laufenden Kosten übersteigen bei weitem die eines Hundes. Vielleicht ist es gut, dass sich bald mancher kein Pferd mehr leisten können wird. Hoffentlich bleiben die übrig, die verantwortungsvoll mit ihm umgehen. Denn Liebe und Fürsorge ist man dem Tier nicht nur zu Lebzeiten schuldig.

Man ist verdammt noch mal auch dafür verantwortlich, dass es am Schluss nicht mehr leidet als notwendig. Dazu gehört auch, dass man BIS ZUM ENDE dabei bleibt. Wenn man das nicht kann, dann kümmert man sich drum, dass eine Person des Vertrauens mitfährt. Es gibt viele Geschichten darüber, dass die Pferde zum Schlachter fuhren und der Pferdepass abgegeben wurde. Der wurde dann mit dem Pferd zur Hintertür weitergereicht, wenn der Besitzer weg war. Denn auch die Schlachttransporte in andere Länder müssen besetzt werden. Dort gibt es mehr Geld pro Kilo Lebendfleisch. Aber auch eine unhaltbar längere Qual des Tieres, ehe es dort ankommt. Wenn das so ist, geht das in meinen Augen auf das Konto des Besitzers, der seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist. Der weiß davon wahrscheinlich nichts- nur sein Pferd erlebt das bittere Ende und wird sich niemandem mitteilen können.

All das ist auch ein Thema im Kurs Pferdeführerschein Umgang. Im kommenden Durchgang habe ich nun mehr dazu zu erzählen.

Die unfassbar traurige Geschichte von „Olaf“ lässt mich nicht los

Aber sie wird zum Sinnbild der Aufklärung für mich. Ich werde einschreiten und reden, wenn ich Zeuge einer solchen Situation werden sollte. Er gibt all den namenlosen Tieren, von denen man bei Schlachttransporten liest, ein Gesicht. Denn sie alle haben eine Geschichte und ein Leben hinter sich. Vielleicht hatten sie auch mal glückliche Tage und werden am Ende ihrem Schicksal überlassen, gegen das sie nicht angehen können.

Denke darüber nach, wenn Du dir ein Pferd kaufst! Es ist eines Reiters Pflicht, GUT mit ihm umzugehen. Am Anfang, mittendrin und auch am Ende Das gehört sich einfach so.

Traurige Grüße,

Corinna von Reitclever

#verantwortungfuerdaslebensende

#fuersprecherfuertiere

Die Stimme des Reitlehrers

Die Stimme des Reitlehrerers schont beispielsweise ein Mikrofon
Die Stimme des Reitlehrers ist ein wichtiges Instrument

Einfühlsam und ruhig. aber auch energisch und durchsetzungsstark sollte die Stimme des Reitlehrers sein. All diese Eigenschaften kann er während des Unterrichtens durch die Elastizität der Stimmbänder modulieren. Doch was, wenn die Stimme ihren Dienst versagt?

So geschehen bei meinem letzten Kurs in Bochum. Schon zwei Tage vor der Abreise merkte ich, dass sich ein Infekt ankündigt. Ich tat alles, was ich in solchen Fällen tue, um die Nebenhöhlen frei zu halten. Weiterhin trinke ich heißen Tee, der die Stimme schmiert und habe Halstabletten oder Bonbons dabei.

Zuhause wäre ich sicherlich schnell über den Infekt gekommen. Aber gut 550km von zuhause entfernt war das nicht so einfach. Mein Vorhaben, die Stimme zu schonen und mich auszuruhen erwies sich nach der Abfahrt als schwierig. Zumal in Bochum zwei Tage mit Tageshöchsttemperaturen von 33- 35 Grad warteten.

Alles in allem hat es gut geklappt.

Ich hatte zauberhafte Teilnehmer und ein ausführliches Skript mit an Bord. Der erste Tag lief gut, ich konnte am Ende zwar etwas heiser, aber sonst uneingeschränkt unterrichten. Der zweite Tag war eine Herausforderung: Auf Grund des abendlichen Gewitters (was später meine Abfahrt nachhause verzögerte) war es tagsüber heiß und drückend. Meine Stimme war deutlich angeschlagen und ich überstand den Vormittag dank einer vorlesenden Teilnehmerin und einer App, die meine Texte in Sprache umwandelte. Die App funktionierte mittelgut, aber sie ersetzte die Stimme des Reitlehrers: ich konnte formulieren, was mir wichtig war. Auch konnte ich zeigen, worauf es ankommt und Hand anlegen.

Doch der Reitunterricht verlief für mich nur mit angezogener Handbremse. Ich redete und korrigierte, war aber trotz Mikro phasenweise nur schlecht zu verstehen. Auch konnte ich weniger ausholen, als ich gewollt hätte. Trotz alledem fanden die Reiter den Tag gut und wollen, dass ich wieder komme.

Was hättest Du in so einer Situation getan?

Abbrechen war für mich keine Option. Da ich selten in Bochum bin, wollte ich keinen der Anwesenden enttäuschen. Auch wollte ich unterrichten, ich liebe solche Kurse!

Wenn man nach Stimmbandfunktion sucht, findet:

1.Definition: Das Stimmband ist ein elastisches Band, das zwischen dem Processus vocalis des Stellknorpels (Cartilago arytaenoidea) und dem Schildknorpel (Cartilago thyroidea) läuft.

2. Nomenklatur: Die Begriffe „Stimmband“ und „Stimmlippe“ werden in der medizinischen Alltagssprache häufig synonym verwendet. Das Stimmband im engeren Sinn bezeichnet jedoch nur den bindegewebigen Anteil der Stimmlippe, nicht die Gesamtstruktur einschließlich des aufgelagerten Epithels.

3.Anatomie: Die beiden Stimmbänder formen die mediale Kante der Stimmlippen und fassen die Stimmritze (Rima glottidis) ein. Sie sind den beiden Musculi vocales aufgelagert, dessen Fasern in sie einstrahlen. Die zum Lumen des Kehlkopfs hin gelegene Oberfläche wird von Schleimhaut bedeckt, die in diesem Bereich aus Plattenepithel besteht.“

Quelle: DocCheckFlexikon

Mein Plattenepithel war also auf Grund des sich von oben über die Nase und von unten über die später ausbreitende Bronchitis, entzündet. Den Schleim, der die Stimmbänder umgab, konnte ich spüren. Er verursachte eine Entzündung, die die Funktion der Lautbildung zunehmend mehr einschränkte. Am Montag und Dienstag nach dem Kurs kam fast gar nichts mehr. Dann hörte ich mich etwas rauchig an.

Hätte ich weiter geredet, hätte ich das Elastin der Strukturen geschädigt, was die Modulationsfähigkeit der Stimme des Reitlehrers ausmacht. Also ist mit der Stimme tatsächlich Vorsicht angesagt!

Kleine Strukturen, große Wirkung

„Die Stimmbildung über die Stimmbänder ist regulierbar. Sie sind zwischen dem Ringknorpel und dem Stellknorpel gespannt. Beim Einatmen sind sie spannungslos geöffnet. Beim Ausatmen werden sie durch den Luftstrom zum Schwingen gebracht und sind dabei in Spannung. Je stärker die Spannung ist, desto höher der Ton.“

https://stimmbildungonline.de/der-kehlkopf/

Ein Hals- Nasen- Ohren Arzt, den ich vor über 20 Jahren während meiner ersten Stimmbandentzündung als Lehrkraft aufsuchte, sagte damals: Ruhe halten und Ruhe geben: „Sprechen Sie GAR nicht!“

Das geht nur dann, wenn man seine Termine absagt. Je nach Arbeitstag und Aufgabenstellung ist das sicherlich eine Option. Das habe ich letzte Woche vernünftigerweise auch getan. Denn ich möchte noch lange Zeit unterrichten und brauche dazu meine Stimme.

Wie schont man seine Stimme?

Heiße Milch mit Honig, Salbeitee, der berühmte Schal, den Sänger immer umlegen, sobald der Stimme Gefahr droht sind wohl die bekanntesten Hausmittel. Während ich mich in der letzten Woche auskurierte, fiel mir meine frühere Klavierlehrerin ein. Sie war viele Jahre als Sängerin und Kabarettistin unterwegs und hat später eine Stimmausbildung gemacht.

Vielleicht sollte man sich als professioneller Redner einmal coachen lassen? Höchstwahrscheinlich gibt es Atem- und Lautbildungstechniken, mit der man sein höchstes Gut auch pflegt. Denn die Stimme des Reitlehrers ist tatsächlich das Mittel der Wahl, sich verständlich zu machen. Funktioniert die nicht, wird es schwierig mit situationsgerechten, zielgenauen Anweisungen. Trotz eines zur Verfügung stehenden Mikros- Ein Coach Phone nutzen viele mir bekannte Kollegen.

Ich werde sehen, was sich in diese Richtung ergibt. Denn tatsächlich ist mir letztes Wochenende klar geworden, wie selbstverständlich ich davon ausgehe, bei Stimme zu sein. Damit das so bleibt, wird für mich zukünftig auch die Stimme des Reitlehrers ein Thema sein.

Schönen Sommer, Eis essen hilft bei akuter Halsentzündung auch kurzzeitig 🙂

Corinna von Reitclever

#stimmpflege

#wastunbeiheiserkeit

#qualitativguterreitunterricht

Mythos artgerechte Pferdehaltung

Artgerechte Pferdehaltung?

Schon immer habe ich sofort hingeschaut, wenn es irgendwo einen Pferdeschweif zu sehen gab. So fielen mir Anfang des Monats auch viele Pferde auf, als ich über Land nach Mecklenburg Vorpommern fuhr. In der Reitschule Viervitz wollte ich besprechen, wie wir das nächste Retreat für Reiter gestalten.

Fährt man mit offenen Augen durchs Land kann man überall Pferde sehen

Manchmal stehen sie in großen Gruppen auf viel Weideland und man ahnt irgendwo Offenställe oder Unterstände. Wenn die Pferde viel Platz haben und sich aussuchen können, ob sie im Schutz der Bäume oder unter freiem Himmel stehen, ist man versucht, an artgerechte Pferdehaltung denken.
Ich denke aber, dass wir in unseren Breiten den Begriff artgerechte Pferdehaltung so schlecht verwenden können. Denn machen wir uns klar, dass ein Pferd in freier Wildbahn täglich ungefähr 45 Kilo Gras frisst, bekommt das Thema eine andere Dimension. Wie viel Platz braucht ein Pferd, wenn es 365 Tage im Jahr seinen Erhaltungsbedarf durch die eigene Futtersuche decken muss? Im Sommer wie im Winter? Sicherlich mehr als der in einschlägiger Literatur empfohlene 1 Hektar pro Pferd. Rund 16 Sunden ist dann ein Pferd pro Tag unterwegs, um diese Masse an Grünzeug zu finden. Diese Zahl geht sicherlich von einem ursprünglichen trockenen Gras aus. Das moderne Hochleistungsgras, was zum großen Teil auch gedüngt wird, ist für ein genügsames Robustpferd viel zu fett, um in solchen Mengen gefressen werden zu können. Auch das Heu aus der Landwirtschaft entspricht nicht dem, was dem Steppentier Pferd in seinem ursprünglichen Lebensraum zur Verfügung steht. Schon unter diesem Aspekt muss man rationieren, wenn das Energiesparmodell zu Übergewicht neigt. Sobald das Tier Leistung bringen soll, wird in der Regel weniger auf Heu und Gras, sondern auf Kraftfutter gesetzt.

Auch wenn viel Platz zur Verfügung steht, wird es spätestens am Ende der Wachstumsperiode eng mit einer ausreichenden Versorgung.

Schon in den letzten Wochen wuchs in vielen Regionen Deutschlands kaum etwas nach, weil Regen fehlte. Wie viel weniger Futter finden die Pferde, wenn sie nur tagsüber auf kleinen Paddocks oder Wiesen und nachts in der Box stehen. Hier muss der Mensch eingreifen und sowohl die Futter- als auch die Bewegungssituation regeln. Abgesehen davon, dass diese Haltungsform auch viel mit Bequemlichkeit und Bezahlbarkeit von Land zu tun hat. Anders gefragt: Wie viel Lust hat ein Pferdebesitzer, vor seinem geplanten Ritt auf einer schier unendlich weiten Wiese erstmal das Pferd zu suchen?

Bei der Fahrt durch Mecklenburg Vorpommern sah ich überall gelbe Flecken in den Feldern.
Erst konnte ich mir keinen Reim darauf machen, aber im Gespräch mit der Stallbetreiberin auf Rügen erfuhr ich, dass es auch dort seit Wochen nicht geregnet hatte. Auf Rügen, was normalerweise im Frühjahr und Sommer durch die Meeresluft immer saftig grün erscheint!
Die Pferde der Reitschule Viervitz standen Anfang Juni noch nicht auf ihren riesigen Sommerweiden. Denn dort wartete noch das Gras auf seinen ersten Schnitt. Es wurde noch nicht gemäht, da das nachwachsende Gras dann mangels Regen verdörren würde. Also standen die 45 Pferde auch dort auf ihrem Winterpaddock und nur stundenweise auf der Winterwiese. So ist es schnell vorbei mit einer frei bestimmten Lebensweise, die in meinen Augen eine artgerechte Pferdehaltung charakterisiert. Ähnlich wie bei kleinen Pferdegruppen, die deutlich weniger Platz zur Verfügung haben, muss man als Mensch viel in die natürlichen Rhythmen eingreifen. Nicht nur, wenn wir unseren Sportpartner regelmäßig nutzen wollen. Er muss ja schließlich dafür trainiert werden, dass er unser Gewicht tragen kann.

So dass wir uns nicht nur auf Grund des Klimawandels von dem Bild artgerechte Pferdehaltung verabschieden sollten

Das hört sich zwar toll an, ist in meinen Augen aber absolut nicht machbar. Zwar haben es die heutigen Pferde in vielen Ecken deutlich besser als die Boxen- und Ständerpferde des letzten Jahrhunderts. Aber sie befinden sich in unserer Obhut und sind deshalb auch unseren Vorgaben und Rhythmen unterworfen. Abgesehen davon, dass das moderne Reitpferd ganz anders gezüchtet ist als ein ursprüngliches Wildpferd. Auch wenn die Grundbedürfnisse sehr ähnlich sind, müssen wir steuern, um das Reittier gesund zu erhalten. Beispielsweise wird auch bei naturnah gehaltenen Pferden wie den Dülmener Wildpferden im Mersfelder Bruch zugefüttert, wenn das Gras wetter- oder platzbedingt nicht reicht. Nur so können sie überleben. Dort werden einmal im Jahr vor allem die Junghengste aussortiert, weil sich ansonsten der Bestand für die zur Verfügung stehende Fläche zu stark vermehren würde. Selbst in den unendlichen Weiten Amerikas passiert dasselbe beim alljährlichen Mustang Makeover. Das Überleben vieler Wildpferde ist durch Überpopulation, anhaltende Dürreperioden und Wassermangel bedroht.

Der Reitsport und auch die Bedürfnisse von Reitern verändern sich.

Ich finde es gut, dass sich auch das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Pferden weiter entwickelt. Aber lassen wir die Kirche im Dorf: unser Zusammenleben mit Pferden ist immer von uns Menschen geprägt und kann bestenfalls so naturnah wie möglich gestaltet werden.
Im Sinne unseres Lauftiers Pferd wäre es nicht nur gut, wenn sie ausreichend Platz zur Verfügung haben, sondern auch wenn sie täglich bewegt werden. Wie gesagt: 16 Stunden am Tag bummelt ein Wildpferd durch die Gegend, um Futter zu suchen.
Ob wir das schaffen? Aber mit diesem Wissen über „artgerechte Pferdehaltung“ im Hinterkopf und können wir die Lebensbedingungen unseres Lauftiers Pferd dahingehend gut beeinflussen.

Sonnige Grüße aus Brandenburg,

Corinna von Reitclever

PS: Mehr Informationen über die Bedürfnisse von Pferden uns wie man sie gesund erhält, bekommst Du im nächsten Kurs Pferdeführerschein Umgang, der im September wieder bei mir auf dem Hof stattfindet.

Verfügst Du über eine gute Hörfähigkeit? 

Besitz Du eine gute Hörfähigkeit?
Wie läuft es so bei euch? Das Pferd seht und hört alles, was für ihn von Relevanz ist

Am letzten Wochenende habe ich wieder Unterricht gegeben. Sowohl praktisch auf dem Reitplatz als auch theoretisch das Neuro-Rider® Programm. Dabei wurde mir einmal mehr bewusst, wie wichtig eine gute Hörfähigkeit ist. Wenn man nicht richtig einordnen kann, von wo das Geräusch kommt und auch nicht zuordnen kann, was es ist, wird man unsicher.

Der Grund dafür ist, dass unsere Augen und Ohren Sinnesorgane sind, die permanent von außen einwirkende Reize aufnehmen. Diese Signale leiten sie dann über Nervenbahnen Richtung Gehirn. Das wertet aus, was das Geräusch bedeuten kann, was Augen und Ohren wahrgenommen haben. Dazu greift es auf alle gespeicherten Erfahrungen zu, die wir bis zu diesem Moment gesammelt haben.

Ist es beispielsweise der Oldtimer unseres Nachbarn, der gemächlich um die Ecke biegt, kennen wir dieses Geräusch und es bringt uns nicht aus der Ruhe. Sondern wir bleiben entspannt im Garten sitzen und trinken weiter Kaffee. Anders ist es, wenn so ein dumpfes Geblubber eines Motors auf einmal laut und unrythmisch wird. Möglicherweise gefolgt von einem Quietschen und Knallen. Da schauen wir besser nach, was passiert ist. Sollte der Wagen gegen einen Gartenzaun gefahren sein, ist das ärgerlich. Schießt er im Gegenteil eher auf einen zu, weil der Fahrer die Kontrolle verloren hat, bringt man sich so schnell wie möglich in Sicherheit. Darüber denkt man nicht nach, sondern man reagiert reflexhaft. So ist die Hör- und Sehfähigkeit eng mit unserem Überleben verknüpft.

Auch wenn dieses Beispiel konstruiert ist, ist es in so einer Situation dann vorbei mit der Ruhe. Der Fluchtmodus, der so schnell ausgelöst wurde, schalten Anteile unseres alten Gehirns, also diejenigen, die alle Wirbeltiere haben. All diese Schutzprogramme haben den Zweck unser Überleben zu sichern. Sicherheit geht immer vor- unser Gehirn versucht uns zuallererst vor Gefahr zu schützen.

Wenn ich also auf einem Ohr nicht so gut höre, wird die Funktion von der anderen Seite übernommen.

Das merke ich meist gar nicht, weil unser Gehirn ein Meister im Kompensieren ist. Vielleicht stellt irgendwann ein Hörtest fest, dass die eine Seite Geräusche besser auswertet. Was aber Menschen feststellen, die über keine gute Hörfähigkeit verfügen, dass sie häufig im Schulter- Nacken-Bereich verspannt sind, Weil die Ohren nicht so gut orten, muss sich die Halswirbelsäule viel und schnell bewegen, um die fehlende Auswertung über die Augen vorzunehmen. Das ist auf Dauer anstrengend für alle beteiligten Systeme. Auch können die Augen dadurch überlastet sein und Kopfschmerzen auslösen.

In jedem Fall aber ist das Gleichgewicht beeinträchtigt: In der Muskulatur der Halswirbelsäule sitzen viele Rezeptoren, die messen, wie sich der Kopf im Verhältnis zum Körper bewegt. Wenn die auf Grund der Nackenverspannung nicht so gut messen können, ist das darauf folgende Schalten des Gleichgewichts verzögert. Wir können uns schlechter auf wechselnde Untergründe oder auch auf die Bewegungen des Pferdes einstellen.


So geschehen am Freitag in einer Reiteinheit. Zuerst haben wir die Hörfähigkeit aller Reiter getestet und mit danach angeregt. Später saß die Reiterin strahlend und lockerer als sonst auf dem Pferd, weil ihr Rücken deutlich weniger verspannt war. Sie konnte sich besser ausbalancieren und fühlte sich sicherer. In der Folge lief ihr Pferd lockerer, weil sie ein bequemerer Rucksack war.

Manchmal lohnt es sich, auf den ersten Blick ungewöhnliche Wege einzuschlagen. Dann kommt man zu Ergebnissen, mit denen man vorher nicht gerechnet hat. Wenn Du also mit Nackenverspannungen und einem verspannten Sitz zu tun hast, könnte es sich lohnen, zu testen, wie gut deine Hörfähigkeit ist. Oder Du checkst mit mir mal alle Funktionen durch, die für einen ausbalancierten Ritt entscheidend sind.

Viel Spaß dabei wünscht

Corinna von Reitclever

#besserhoeren

#ohrenundgleichgewicht

#neurorider®

„Becken gerade und Wirbelsäule lang

"Führtraining" bei Claudia Benedela- Becken gerade und Wirbelsäule lang ist das, worauf sie hauptsächlich achtet

… nur dann kann das Pferd achsengrecht laufen und die dafür wichtige Muskulatur benutzen“, habe ich letztes Wochenende oft gehört.

Claudia Benedela gab im Süden von Berlin einen Kurs über „Therapie, Reha, Aufbau und sinnvolles Pferdetraining“. Organisiert von Beate Petrick gab der Kurs viele spannende Einblicke in ein physiologisches Training.

Zum Beispiel beginnt man mit Kauübungen, mit denen man schnell feststellen kann, wo das Pferd im Körper verspannt ist. Das Kauen lockert unter anderem die Zungenbeinmuskulatur.

Da das Zungenbein eine Verbindung bis zum Becken hat, ist es essentiell wichtig für die gesamte Geraderichtung des Pferdes.

Nur wenn es sich entspannt bewegen kann, kann das Pferd den Brustbein-Unterkiefermuskel locker lassen. Das muss es, um die Oberhalsmuskulatur in einer guten Selbsthaltung zu benutzen. Auch muss das Pferd sein Becken in die erforderliche Position bringen können, um über die Bauchmuskulatur den Rücken hoch zu bekommen. Also Becken gerade und Wirbelsäule lang, um den Rücken für eine gute Tragefunktion aufzuwölben.

Im Kurs sahen wir verschiedene Pferd-Reiter-Paare unterschiedlichster Ausbildungsstufen, von denen einige Pferde deutliche gesundheitliche Probleme hatten. Von einfachen Führübungen bis zu einem muskulär anspruchsvollen Training über Stellung, Biegung und Tempowechsel an der Doppellonge gab es  viel zu sehen. Doch der durchgängige Tenor war immer „Becken gerade und Wirbelsäule lang“. Nur dann ist das Pferd in der Lage, seinen Rumpf zu tragen und nicht in seinen passiven Strukturen zu hängen. Das ist die Basis für ein gesundes und langes Miteinander.

Interessanterweise sind das Zusammenhänge, die ich aus der Physiotherapie gut kenne.

Auch ein Mensch muss seine Bauchmuskulatur benutzen, um Rumpf und Beinen im Alltag eine stabile Basis bieten zu können. Kippt man ins Hohlkreuz oder läuft man mit in Rundrückenposition, belastet man die Wirbelsäule und auch Hüften und Knie ungünstig. Während meiner Tätigkeit in der Neurologie habe ich Techniken kennen gelernt, mit denen man über die Zunge im Mund die eigene Beckenbodenmuskulatur lockert. Damit verändert man weiterlaufend die Aktivität der stabilisierenden Muskeln. Nur wenn das Becken gerade aufrichtet ist, wird die eigene Wirbelsäule lang und kann Belastung schadlos tragen.

Im Neuro-Rider® Programm setzt man Zungenbewegungen ein, um die Hirnstammaktivität zu verbessern. Abgefahren, wenn man auf verschiedene Art und Weise die Zunge herausstreckt und danach besser auf einem Bein stehen kann, weil Koordination und Gleichgewicht aktiviert sind. Insofern kann ich die Wirkweise des vorgestellten Trainings gut nachvollziehen. Was man im Kurs am Pferd sieht, ist nicht spektakulär und man muss teilweise genau hinschauen, um zu verstehen, warum Claudia Bendela das Pferd auf einmal in den höchsten Tönen lobt. Dann ist es auf dem Weg, seine Wirbelsäule gerade zu ziehen oder die Rumpfträger zu entspannen. Egal wie der Kopf steht: Kopfstellung und Schulterposition darf es benutzen, um sich in der Hinterhand zu stabilisieren. Nur wenn der eigene Motor richtig schnurrt, kann es das Becken gerade und die Wirbelsäule lang ziehen.

In den Vorträgen auf der Equitana 2023

habe ich anhand von Bildern gezeigt, wie sehr die Beckenstellung des Reiters die Beckenstellung des Pferdes und damit seine Rückenposition beeinflusst. Deshalb ist es wichtig, auch am eigenen Rumpf anzusetzen, wenn man gut mit seinem Pferd arbeiten möchte. Das Pferd spiegelt uns viel häufiger, als es uns bewusst ist und setzt seine Muskulatur genauso ein, wie wir es ihm zeigen. Wenn Du also selber zu „Rücken“ neigst, tust Du gut daran, dich mit deiner eigenen Aktivität für „Becken gerade und Wirbelsäule lang“ zu beschäftigen.

Gut geht das beispielsweise am 27.05.2023 südlich von Berlin, wo wir in „Spiraldynamik® für Reiter“ genau die Muskulatur trainieren, die das Becken aufrichtet und für eine gute Übertragung der Gewichtshilfen sorgt. Dein Rumpf stabilisiert sich durch die Spiraldynamik® auf eine physiologische Art und Weise. So sorgt er dafür, dass Du auch beim für gutes Reiten so wichtigen Drehsitz nicht überdrehst oder in der Hüfte einknickst. Wenn Dir Zossen zu weit ist, gebe ich diesen Kurs auch ab und zu nach Absprache auf anderen Reitanlagen.

Wie auch immer, genieße die Zeit mit deinem Pferd und sorge dafür, dass ihr euch beide gesund erhaltend bewegt. Dann macht das Miteinander auch Spaß!

Corinna von Reitclever

#ReitersitzundPferdebecken

#MehrWissenfuerreiter

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Wie steht es eigentlich um deine eigene Balance?

Wie steht es um das Gleichgewicht des Reiters?
Wie steht es um deine eigene Balance?

Locker im Sattel. Koordiniert und elastisch- dabei ist das Gleichgewicht des Reiters immer vorhanden und du bist jederzeit Herr/-in der Lage.

Das ist der Wunsch. Und wie sieht die Realität aus?

Eben noch im schönen Galopp, dann auf einmal unter dem Pferd, weil das Pferd in einer überraschend genommenen Kurve weggerutscht ist. So passiert leider vor kurzem einer Kursteilnehmerin von mir. Nun hat sie einen gebrochenen Fuß und zerbricht sich möglicherweise den Kopf, was sie hätte anders machen können.

Hinterher ist man oft schlauer und weiß, wie man hätte wann reagieren können. Die genauen Umstande, die zu der überraschenden Wendung des Pferdes Richtung Heimat geführt haben, kenne ich nicht. Unfälle passieren, eigene Vorschläge des Pferdes zum Lösen einer gestellten Aufgabe auch. Aber häufig liegt es am Gleichgewicht des Reiters und Pferds, dass es zu solchen Unfällen kommt.

Zuerst mal sollten wir klären:

Was versteht man eigentlich unter Gleichgewicht des Reiters?

„Aus – balancieren“ bedeutet ins Gleichgewicht bringen, im Zustand des Gleichgewichts halten. Man kann den stabilen Zustand einer ausgeglichenen Gewichtsverteilung in Ruhe und in Bewegung erreichen. Das wird vor allem über muskuläre Koordination gesteuert.

Soweit die theoretische Definition. In der Praxis macht uns das Pferd öfter einen Strich durch die Rechnung. Weil es sich bewegt und wie in dem eingangs erwähnten Beispiel oft anders, als wir es in diesem Moment erwarten. Wenn das passiert, sind die eigene Bewegungsschnelligkeit und die Qualität unserer Gleichgewichtsreaktion gefragt. Ist die langsamer als es in der aktuellen Situation notwendig ist, muss man sich in den Extremitäten fest machen. Also mit den Händen an den Zügeln festhalten oder mit den Beinen klammern. Das ist dann das genaue Gegenteil von einer weichen Hand und einem durchfedernden Fußgelenk: der Absatz kommt hoch und die Hand wirkt rückwärts. Im schlechtesten Fall verliert man auch sein Pferd.

Unterbrechen kann man diesen Mechanismus an zwei Stellen: zuallererst muss man als Reiter fühlen, dass das eigene Gleichgewicht oder das des Pferdes in Gefahr ist. Die beste Reaktion darauf wäre erstmal eine Bremsung, um sich und sein Pferd wieder zu sammeln. Dann finden beide wieder zu einem ausbalancierten Rhythmus. Zum Zweiten sollte man das eigene Festhalten der Muskulatur erspüren: Beides ist nur über die eigene Wahrnehmung möglich. In meinen Augen ist das die wichtigste Fähigkeit mit und auf dem Pferd.

Hat man die Situation geregelt, muss man durchatmen und sich neu sortieren. Dabei helfen ausreichend kräftige Rumpfmuskeln und gute Gleichgewichtsreaktionen. Beides kann man trainieren.

Wenn ich als Reiter in Balance bin, kann ich mich darauf verlassen, dass die Bereiche aktiv sind, die ich gerade brauche. Das sind im Schritt am langen Zügel ganz andere Muskeln als wenn ich im leichten Sitz über ein Feld galoppiere oder springe.

Ein geübter Reiter kann davon ausgehen, dass das Gehirn die dafür wichtigen Bewegungen abruft.

Denn das Steuerungsprogramm, was man braucht, ist abgespeichert. Anders gesagt: Nur wenn die entsprechenden Bewegungsmuster gelernt und automatisiert sind, ist ein ausbalancierter Sitz auf dem bewegten Pferd möglich.

Dann kann man sich bewusst auf jeweilige Anforderung einstellen. Idealerweise hat der Reiter dabei eine Vorstellung der Bewegung und der des Pferdes. Denn nur, wenn man sich auf die geplante Bewegung einstellen kann, wird man zügel-unabhängig sitzen. Weil das Gehirn so im Vorfeld die Rumpfmuskeln aktiviert, die eine Oberkörperspannung ermöglichen. Nur wenn der Rumpf ausreichend angespannt ist, können die Arme so locker bleiben, dass sie der Bewegung des Pferdemauls folgen.

Deshalb ist es immer gut, für das Gleichgewicht des Reiters die Bauchmuskeln zu trainieren. Weiterhin alles, was die eigene Koordination und Wahrnehmung verbessert.

Allerdings ist nicht jeder Tag gleich.

Es gibt Tage, da fehlt es an innerer Ausgeglichenheit. Darunter leiden dann auch die körperliche Verfassung und der zügelunabhängige Sitz.

Kennst Du das? Dass es Tage gibt, an denen es läuft wie geschmiert?  Und an anderen Tagen bekommt man keine vernünftige Wendung geritten… Neben den äußeren Faktoren liegt es dann oft an der fehlenden mentalen Losgelassenheit. Weil man möglicherweise aus dem letzten Loch pfeifend in den Stall gehetzt ist und dann wenig Zeit und noch eine ganze Menge Anderes im Kopf hat.

Also gehört auch eine gute Vorbereitung zu einer guten Balance. Dafür habe ich auf meinem Reitcleverkanal bei Youtube Videos eingestellt. Es gibt verschiedene Sequenzen für ein gutes Warm Up, was man mit wenig Aufwand durchführen kann, bevor man aufs Pferd steigt. Da wir mehrere Qualitäten brauchen, um ausbalanciert auf dem Pferd zu sitzen, geht es in Teil 1 um die Beweglichkeit in der Mittelpositur und in Teil 2 um die Verbesserung der körpereigenen Koordination.

Und weil das Gleichgewicht des Reiters so wichtig ist, gibt es das Warm Up für den Ritt Teil 3, Balance drei eigene Teile: Teil 1, Erklärung, Teil 2 Überprüfung des Gleichgewichts und Teil 3, Aktivierung des Gleichgewichts. Um dir die Videos anzusehen, klick auf den blauen Link.

Wenn Du lieber in Präsenz und mit direkter Anleitung arbeitest: am 29.04.23 geht es bei mir auf dem Hof um „Besser reiten- Locker bleiben in Hüfte, Knie und Rücken“ oder am 10.06.2023 um Besser reiten mit Balance.

Vom 06.05.23- 11.05.23 erarbeiten wir all das in entspannter Atmosphäre: im Retreat für Reiter auf Rügen gibt es noch freie Plätze.

Wie auch immer Du dich entscheidest; hab´ Spaß dabei und machen einen allseits balancierten Ritt,

Corinna von ReitClever

#bessersitzenbesserreiten

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Wie geht „lockere Mittelpositur“? Was heißt das?

Der Weg zu einer lockeren Mittelpositur

Schon alleine das Wort Mittelpositur ist ein Knaller, oder?

Weißt du, wo sie liegt? In meinen Kursen oder Vorträgen zeigen die Zuhörer meist irgendwo in Richtung Bauch, Hüfte, Lendenwirbelsäule oder Becken. Manche zeigen auch auf den Brustkorb oder Schultergürtel.

Da sind sie zwar ein bisschen weit oben, aber sie haben auch ein bisschen Recht. Denn nur wenn die Basis des Sitzes durch eine elastische Mittelpositur zum einen stabil und zum anderen beweglich genug ist, kann der Oberkörper aufgerichtet und die Handeinwirkung weich sein. Beides hängt also unmittelbar zusammen.

Die FN schreibt zum Thema Mittelpositur in einer älteren Auflage von 2000: „Die Wirbelsäule bleibt also genau über der Mitte des Sattels und wird in ihrer natürlichen S-Form belassen … . Der Reiter sitzt gestreckt, ohne sich zu verkrampfen. Der Oberkörper ist so weit gespannt, dass einerseits seine Haltung sicher, andererseits aber ein elastisches Mitschwingen in der Pferdebewegung möglich ist. Dazu muss das Becken des Reiters den Bewegungen des Pferderückens folgen. Das wird als Mitschwingen in der Mittelpositur bezeichnet.“

Wie man das eher nicht macht, wurde mir schon als Jugendliche bewusst. Nach dem Schulbetrieb gab es eine Stunde freies Reiten der Privatreiter, bevor der Abendunterricht für die Schulpferdereiter wieder begann. Ich erinnere mich an einen schlanken Mann, der auf einem sehr großrahmigen Braunen ritt. Der Reiter bewegte sich im Bereich Lendenwirbelsäule/Bauch beim Aussitzen so weit nach vorne, dass der Rücken richtig hohl wurde. Dann federte er dort beim nächsten Trabtritt wieder zurück und sogar über die Ausgangsstellung hinaus in Richtung runde Lendenwirbelsäule. Das Ganze sah irgendwie ungesund aus. Aber durch die Kommentare der Umstehenden wurde mit bewusst, wo die Mittelpositur liegt.

Die Schwierigkeit auf dem Pferd liegt in der Steuerung von Stabilität und Mobilität.

Wenn man sich im Unterkörper zu stark festhält, entsteht in der Folge eine Art Stuhlsitz oder Spaltsitz. Wenn man sich dagegen dort so richtig locker macht, schlackern häufig die Oberschenkel und das Ergebnis ist ein unruhiger Unterschenkel.

Die Schlüsselfunktion liegt im Beckenbereich: das Becken soll locker den Bewegungen des Pferderückens folgen. Und das kann es nur tun, wenn Hüften und Lendenwirbelsäule frei beweglich sind. Unsere heutige Lebensweise mit viel Stress und wenig dreidimensionaler Bewegungsmöglichkeiten im Alltag trägt wenig dazu bei, die Mittelpositur locker zu bekommen. Sobald man viel sitzt leidet die Gelenkbeweglichkeit in der Hüfte sofort. Der in diesem Zusammenhang häufig  erwähnte Psoas- Muskel reagiert mit Verspannung, wenn man wenig läuft. Auch zeigt er schnell an, wenn man unter Stress steht oder Schmerzen in Knie oder Lendenwirbelsäule hat. Er verspannt dann reaktiv und schon wird die Lendenwirbelsäule durch seinen Zug in einer Hohlkreuzposition festgehalten.

Also ist der Schlüssel für eine lockere Mittelpositur der Bereich Hüfte, Knie und Becken.

Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen in einem dieser Gelenke bewirken eine Schutzspannung, die von unserer Zentrale geschaltet wird. Das Gehirn versucht, weiteren Schaden abzuwenden und schränkt die Beweglichkeit ein. Das verhindert ein lockeres Mitbewegen mit dem Pferderücken, weil das Becken auf Grund der Muskelanspannung nicht mehr elastisch mitgehen kann.

Daher ist es eine gute Idee, dem Gehirn Sicherheit in Bezug auf die beteiligten Gelenke zu geben. Wenn es nicht einschätzen kann, ob die Hüfte beispielsweise eine volle Rotationsfähigkeit hat, wird es keine Bewegungen zulassen, die eine endgradige Beweglichkeit brauchen.

Es ist also sinnvoll, Hüfte, Knie und Becken vor dem Reiten sensorisch zu aktivieren, damit das Gehirn weiß: „hier wollen wir arbeiten“. Dann kann man mit aktiven Bewegungen vor allem die Rotation verbessern, was zu einer sofortigen Entspannung der großen Hüftmuskeln führt. Wenn der Psoas Muskel nachlässt, wird die Lendenwirbelsäule aus der Hohlkreuzposition entlassen- das Becken wird frei beweglich. Der Weg zu einem guten Mitschwingen auf dem Pferd ist geebnet.

Wie man das macht, erkläre und zeige ich in dem Kurs Hüfte, Knie und ein elastischer Sitz am 29.04.2023 in Zossen, südlich von Berlin. Dort wird es um anatomische Besonderheiten aller Gelenke und Strukturen gehen, die für einen guten Sitz auf dem Pferd entscheidend sind. Auch erkläre ich, wann und wie das Gehirn eine Schutzspannung schaltet und wie man die am besten wieder löst. Praktische Übungen für den Bereich Hüfte, Knie, Becken und eine lockere Mittelpositur sowie ein ausführliches Skript zum Zuhause nacharbeiten runden den Tag ab.

Wer lieber zuhause in Ruhe an seiner Beweglichkeit arbeiten möchte, für den gibt es ein Buch mit dem Titel „Besser Reiter- locker bleiben in Hüfte, Knie und Rücken“. Das ist gerade im FNverlag erschienen und wird im März 2023 auf der Equitana 2023. Es kann über die FN Seite oder im Buchhandel bestellt werden. Auf der Equitana kann es in Halle 6, Stand E03 am Stand des FNverlags erworben werden. Passend zum Thema halte ich am 10.03.23 und 11.03.23 um 15:00 im Gesundheitsforum der Equitana einen Vortrag.

Wer tatsächlich „Knie“ oder „Hüfte“ hat, für den ist vielleicht der Ratgeber Besser Reiten trotz Hüftbeschwerden oder Besser Reiten trotz Kniebeschwerden geeignet. Es geht im Wesentlichen darum, zu verstehen, warum das Gelenk Probleme macht. Nach einer kurzen Einführung über Anatomie, beteiligten Strukturen und Muskelfunktionen gibt es Kapitel über Schmerz und Bewegungssteuerung. Versteht man das, kann man gezielt an der Verbesserung seiner Gelenkfunktion arbeiten und wieder schmerzfrei reiten. Wenn das wieder geht, steht auch einer elatischen Mittelpositur nichts mehr im Wege. Informationen über beide Bücher gibt es unter dem blauen Link.

Viel Erfolg auf dem Weg in Richtung lockere Mittelpositur wünscht,

Corinna von ReitClever

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